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Vortrag Alex Feuerherdt: It’s not the Jews, Stupid!

18. Mai 2018 @ 18:30

Gerade in ökonomisch schwierigen Zeiten sind einfache Erklärungsmuster und Verschwörungsideologien ungeheuer populär. Quer durch die politischen Lager ist die Einigkeit groß: Schuld an der Krise seien »die Banken«, »die Finanzmärkte«, »die Spekulanten« und ganz allgemein »die Gierigen und Mächtigen, die den Hals nicht voll kriegen können«. Es ist ein regressiver, also rückwärtsgewandter Antikapitalismus, der sich vielfach Bahn bricht und statt Reflexion nur Ressentiments im Gepäck hat. Der Hass auf »die da oben« gibt sich als Gesellschaftskritik aus, dabei ist er gefährliche Ideologie.

Die Nationalsozialisten personalisierten die Verantwortung für die Krise in den Juden und stellten dem angeblich schaffenden, »deutschen« Kapital ein vermeintlich raffendes, »jüdisches« Kapital gegenüber: den Finanzsektor respektive die Zirkulationssphäre. Diese falsche Aufspaltung in ein »produktives Kapital« und »das Finanzkapital« kennzeichnet auch den heutigen regressiven Antikapitalismus, der längst nicht nur von Neonazis und anderen Rechtsradikalen vertreten wird. Er greift nach wie vor auf antisemitische Stereotype, Bilder und Denkmuster zurück, auch dort, wo er sich dessen gar nicht bewusst ist.

Konstruiert wird einmal mehr ein »wir« und ein »die«: Es soll sich um den »Kampf der ehrlich Arbeitenden« gegen »die Gierigen, die die Völker aussaugen« handeln, um die Unterdrückung der »99 Prozent« durch eine Minderheit von einem Prozent, die sich die Welt untertan gemacht habe und nicht nur entmachtet, sondern beseitigt gehöre. Diesen zutiefst autoritären und demagogischen Allmachtsfantasien ist der Vernichtungswunsch bereits eingeschrieben. Der Vortrag setzt sich mit dem oberflächlichen und personalisierenden, also regressiven Antikapitalismus auseinander und beleuchtet die konstitutive Rolle, die der Antisemitismus darin spielt. Er skizziert aber auch Grundzüge einer reflektierten Kapitalismuskritik, die nicht zuletzt zwischen dem Wesen und den Erscheinungsformen des Kapitalismus zu unterscheiden vermag.

Zum Referenten: Alex Feuerherdt ist freier Publizist und lebt in Köln. Er schreibt für verschiedene Print- und Online-Medien zu den Themen Israel, Nahost, Antisemitismus und Fußball, unter anderem für die Jüdische Allgemeine, n-tv.de, die Jungle World und die Medienbeobachtungsstelle Naher Osten in Wien. Außerdem ist er Betreiber des Blogs Lizas Welt.

Details

Datum:
18. Mai 2018
Zeit:
18:30